70.3 Panama - ein Halb-Ironman im Betondschungel

"Oh, wie schön ist Panama", dachte ich geschockt als ich aus dem Fenster blickte. Ich hatte Traumstrände, Palmen und Bananenplantagen erwartet. Aber was sich vor mir auftürmte war ein Wald aus Wolkenkratzern, einer höher als der andere, so weit ich sehen konnte.

Marco, mein Taxifahrer, manövrierte mich durch den dichten Verkehr ins Herz von Panama Stadt. Es war 8 Uhr morgens, Rush Hour. "Und rechts, ist der erste Turm von Panama, gebaut 1500 irgendwas", erzählte mir Marco stolz. Ich erblickte eine Ruine umringt von Mangroven. Wie ein grüner Farbklecks in der grauen Betonstadt. Wie muss es wohl ausgesehen haben, als die ersten Europäer ankamen, fragte ich mich. Am Hard Rock Hotel wurde ich abgesetzt. Mein Zimmer lag im 48. Stock mit einem fantastischen Blick über die City. Was ich nun brauchte, war erstmal ein ordentliches Frühstück.

In den folgenden Tagen bis zum Wettkampf kämpfte ich mit dem Stau an den Fahrstühlen, mit dem Stau auf der Straße, aber vor allem mit der Klimaanlage. Draußen hatte es über 30° C und drinnen gefühlte 15° C. Was ein Temperaturwechsel jedesmal, wenn ich das Hotel verließ und nach dem Training wieder eintrat. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wachte ich dann tatsächlich am Samstag mit geschwollenen Lymphdrüsen auf, der Vorbote einer Grippe. Verdammt! Somit verließ ich mein Bett nur um zur Wettkampfbesprechung zu gehen und zur maximalen Kohlenhydrataufnahme. Morgen musste ich wieder fit sein, für meinen ersten Wettkampf in diesen Jahr und meine zweite Mitteldistanz überhaupt. 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und ein abschließender Halbmarathon, der 70.3 Panama.

Um 3:15 Uhr morgens klingelte der Wecker. Das Frühstück bestand aus Reis mit Bananen und Trauben und einem Käsesandwich. Zum Glück fühlte ich mich wieder besser, als ich um 4:30 Uhr das Hotel verließ und mit dem Shuttel zum Start fuhr. Es war immernoch stockdunkel als ich mein Rad und meine Schuhe in die Wechselzone brachte. Erst als ich meinen Neoprenanzug anzog, das Wasser hatte 22° C, dämmerte es endlich.

Mit einer Verzögerung von 45 min, ging es um 7:15 Uhr endlich los. Wir schwammen im Ausgang vom Panamakanal mit der Strömung, was hieß, dass ich schon nach 18,5 min als 5. aus dem Wasser kam. Das Radfahren war chaotisch. Vier Runden mit 2000 Teilnehmern auf teilweiße einspurigen Straßen. Schnell verlor ich den Überblick und kämpfte mir einfach meinen Weg durch die Masse. Ich musste allerdings trotz der Anstrengung schmunzeln, wieviele muskulöse Männer ich auf unglaublich teuer aussehenden Radmaschinen überholte. Das war bestimmt nicht im Sinne ihrer Egos, für mich allerdings sehr motivierend.

Als 14. kam ich nach 2h32min wieder in die Wechselzone. Mittlerweile prallte die Sonne erbarmungslos auf uns herab. Und auf der Laufstrecke gab es keinen Schatten. Ich schlüpfte in meine ASICS DS-Racer, atmete nochmals tief durch und machte mich auf den Weg. Als ich die erste Verpflegungsstation erreichte, kam ich mir vor wie ein verirrter Wüstenwanderer, der endlich die Oase erreichte. Gierig schnappte ich mir jeden Wasserbecher, der mir entgegengestreckt wurde und vergaß jegliche Vorsicht, dass man nicht zuviel auf einmal trinken sollte. Ahhh, das tat gut.

Die Laufstrecke waren zwei Runden, was mental gut war. Nach der ersten Runde, kam schon die letzte. Am Wendepunkt sah ich, dass eine Athletin nur knapp vor mir lief, beschleunigte und zog an ihr vorbei. Und dann ging es schon auf die Zielgerade. Freudestrahlend und kurz vorm Umfallen lief ich nach einer Gesamtzeit von 4h26min ins Ziel und erfuhr, dass ich es Dank der fünftschnellsten Laufzeit von 1h30min noch unter die Top 10 auf den neunten Platz geschafft hatte. Das war doch ein gelungener Einstieg!

Glücklich fuhr ich zurück ins Hotel, duschte und gönnte mir eine große Pizza Hawai. Danach erfüllte ich mir einen langjährigen Wunsch und besichtigte den Panamakanal, genauer gesagt die Mira Flores Schleuse. Wie ein kleines Kind schaute ich fasziniert den großen Containerschiffen zu, wie sie in Zentimeterarbeit durchgeschleust wurden. Obwohl, so unter uns, soviel größer als die Neckarschleuse in Bad Cannstatt war sie nun auch wieder nicht. :-)