Dritter Platz beim "Escape from Alcatraz"

Ok, ganz ehrlich, ich hatte Angst. Vor den 2,3 km Schwimmen in 10'C kalten Wasser. Vom Boot, dass wenige Meter neben der Alcatraz-Insel hielt, zum Ufer. Was mache ich, wenn ich nach 1,5 km mich vor Kälte nicht mehr rühren kann??

Das Boot ist weit weg, das Ufer noch fern und ich irgendwo mit 2000 weiteren Verrückten in der Bucht von San Francisco.

Nun, ich habe überlebt und hier kommt die Story:

Um 3:40 Uhr klingelte der Wecker. Das war allerdings nur halb so schlimm. Da ich erst Mittwoch anreiste, war ich noch auf Europazeit eingestellt. Zum Frühstück gab es ein paar Ultra Sports Riegel, plus Banane und Brot. Danach umziehen und los in der Dunkelheit zur Wechselzone. Um 6 Uhr fuhr der letzte Shuttel zum Pier 3, wo um 6:30 Uhr die mit 2000 Triathleten vollgestopfte "Francisco Bell" ablegte. Nur knapp 100 m von Alcatraz entfernt, hielt das Boot und wir stellten uns an der Reling auf. Das Wasser hatte diese kalte milchig hellblaue Farbe, die Wellen bildeten Schaumkronen und der Wind blies uns um die Ohren. Weiß eigentlich jemand wo wir hinschwimmen müssen?? Das war die allgemeine Frage. Es ging nämlich nicht direkt ans Land, sondern an einen weiter entfernten Strand, nahe der Golden Gate Bridge. Gesehen hat man den allerdings nicht. Zu allem Übel wurde mir in dem Moment auch noch klar, dass wir gegen, und nicht wie angekündigt mit der Strömung schwimmen müssen. Na toll. Naja, wenigstens war ich nicht allein.

Kurz vor dem Startschuss kam plötzlich die Durchsage, dass es eine Startverzögerung gibt. Ein riesiges Kreuzfahrtschiff fuhr gerade unter der Golden Gate Bridge durch und durchquerte unsere Schwimmstrecke. Dem wollten wir lieber nicht begegnen.

Aber dann ging es los. Zugekleistert mit Vaseline, mein Wettkampfanzug, ein Asics-Wärmeshirt, Neopren-Anzug und -Kappe, das war alles, was ich am Körper hatte, als ich mich vom Boot stürzte. Ich frage mich, was wohl die zwei Häftlinge anhatten, die erfolgreich ausgebrochen waren. Mir war jedenfalls kalt. Schon nach wenigen Metern wurde mein eh schon kurzer Armzug noch kürzer. Immer wenn ich oben auf einer Welle schwamm, sah ich, dass die Jungs sich immer weiter entfernten. Nach einer Weile war ich mit vier Mädels allein. Ich reihte mich ein und verfiel schnell in ein Mantra. Luft holen, Armzug, Luft holen, Armzug. Nach einer gefühlten Ewigkeit, wagte ich einen Blick zurück und sah das Boot weit entfernt. Das Ufer war allerdings nicht näher gekommen. In solchen Momenten überlegt man sich dann, ob man nicht doch etwas verrückt ist. Luft holen, Armzug....

Gefühlte Stunden später, schwamm ein Agegrouper an unserer kleinen Gruppe vorbei. Vom Strand keine Spur. Mir wurde langsam richtig kalt. Luft holen, Armzug...

Wie lange geht das denn noch??? Luft holen, Armzug...

Moment...kann das sein? Strand! Da ist der Strand. Das kam ja plötzlich!

Von lautem Jubel der Zuschauer begrüßt, torkelte ich nach knapp 31 min Schwimmzeit über den Strand. Meine Füße waren so gefühllos wie zwei Holzstumpen. Für die 800m bis zur Wechselzone wollte ich mir eigentlich Schuhe anziehen. Ich kam allerdings nicht rein. Also barfuß. Welch komisches Laufgefühl.

Am Rad angekommen, hatte ich zudem vor, mir ein Trikot und Handschuhe überzuziehen. Fehlanzeige. Also, Helm auf und los. Ich wurde mit kräftigem Gegenwind begrüßt. Der kalt war. Auch das noch.

Die Radstrecke war sehr selektiv, bzw. außer den ersten zwei Meilen nur hoch und runter. So leicht wie ich die anderen Mädels berghoch überholte, so brutal schnell fuhren sie mir Berg runter davon. Keine Ahnung, ob es daran lag, dass sie auf ihren Zeitfahrrädern fuhren. Ich war trotzdem froh, dass ich auf meinem wendigen Stevens SLC unterwegs war.

Wie sehr freute ich mich aufs Laufen. Endlich warm werden. Ich lief los und drehte wieder um. Startnummer vergessen. Nach ca. 400m musste ich wieder anhalten. Meine rechte untere Wade verkrampfte sich so sehr, dass ich denTiming-Chip abmachen musste. Danach kam ich aber schnell in einen guten Rhythmus und überholte gleich mal zwei Mädels. Kurz vor der Golden Gate Bridge gingen die Treppen los. Was sehr praktisch war. So konnte ich meine verkrampfte Wade während dem Laufen etwas dehnen . Unter der GG-Bridge ging's durch und auf der anderen Seite wieder runter an den Strand. Es war bestimmt ein knapper Kilometer über Strand zu laufen. Die Aussicht, traumhaft! Aber dann kam die berühmte "Sand Ladder". Wie viele Stufen sie hat, weiß ich gar nicht, aber das letzte Stück bin ich gegangen. Danach ging es nämlich noch weiter den Berg hoch, wofür man seine Kräfte brauchte.

Zu diesem Zeitpunkt wurde mir langsam bewusst, dass ich auf dem dritten Rang liegen konnte. Ich kannte meine Konkurrentinnen kaum und hatte vermutet, das Leanda Cave (Ironman Lang-und 70.3- Weltmeisterin) weit vor mir sein muss. Jedenfalls lief ich auf den letzten drei flachen Kilometern so schnell es ging und tatsächlich, als Dritte überquerte ich nach Heather Jackson und Sarah Groff (beide USA) in 2h 23 min die Ziellinie.

Ob ich das ganze nochmal machen würde? Klar, jetzt kenn ich ja den Weg!

 

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